Unser Objekt des Monats - Südamerikanische Tonfigur

Ein wichtiges Arbeitsfeld unter den vielfältigen Aufgaben von Museen ist die Provenienzforschung, die sich mit der Herkunftsgeschichte von Objekten befasst. Nicht selten wird der Museumsmitarbeiter dabei zum Detektiv, der in Eingangsbüchern, Karteien und Schriftwechseln alle Vorbesitzer recherchiert und so dem Weg des Objekts von seiner Erwerbung bis zum Eingang in die museale Sammlung nachspürt.

Eine Kategorie in der Provenienzforschung bilden unrechtmäßige Erwerbungen aus kolonialen Kontexten. Auch die Sammlung des Kreismuseums wird aktuell auf Verdachtsfälle geprüft, die in diesen Bereich fallen. Ein solcher Fall war – auf den ersten Blick – unser Objekt des Monats.

Bei der südamerikanischen Tonfigur handelt es sich um eine Schenkung des Bitterfelder Kaufmanns Paul Polko, die im Juli 1895 in die Sammlung aufgenommen wurde. Die Figur ist hohl, der Oberkörper ist rotgebrannt. Die Augen sind geschlossen, die Ohren gelocht bzw. gepierct, der Mund ist schmal. Auf der Stirn und unter der Nase befinden sich bepunktete Vertiefungen. Die Hände schließen vor dem Körper der Figur, in der Haltung eines Adoranten, d.h. in gotteshuldigender Pose.

Polko war nachweislich über mehrere Jahre im nördlichen Südamerika als Händler tätig, u. a. unternahm er eine Reise zu den Goajira-Indianern auf der gleichnamigen Halbinsel, im Grenzgebiet zwischen Kolumbien und Venezuela. Einen Reisebericht, der sich in der Bibliothek des Kreismuseums befindet, veröffentlichte Polko im Januar 1908. Er bezeichnete die Figur als etwas „Besonderes und Einmaliges“, das er auf seiner Reise nicht wieder gesehen hat.

Es ist davon auszugehen, dass ihm die kleine Tonfigur von dem indigenen Volk geschenkt wurde, sodass die Erwerbung höchstwahrscheinlich keinen unrechtmäßigen Entzug darstellt.

Das Objekt ist auch auf museum.digital zu finden:

https://st.museum-digital.de/object/51132?prev=1